Aktuelles zu Verpackung und Nachhaltigkeit

Stellungnahme

Überarbeitung der Europäischen Abfallrahmenrichtlinie

Die AGVU begrüßt die geplante Weiterentwicklung der europäischen Abfallrahmenrichtlinie mit den Schwerpunkten Abfallvermeidung sowie Reduktion der Restabfallmengen durch verbesserte Sammelsysteme. Die Kernpunkte der Überarbeitung werden im Folgenden aus dem Blickwinkel der Kreislaufführung von Verpackungswertstoffen kommentiert.

1. Eine europäische Investitionsinitiative für mehr Recycling ist notwendig
Für die Etablierung einer umfassenden europäischen Kreislaufwirtschaft sind massive Investitionen notwendig. Im Hinblick auf die heterogene und in Teilen noch wenig leistungsfähige Recyclinginfrastruktur in den verschiedenen EU-Mitgliedstaaten muss zügig eine zielgerichtete Investitionsförderung erfolgen. Nur bei einer ähnlich hohen Leistungsfähigkeit der Recyclinginfrastruktur in ganz Europa kann ein Binnenmarkt für Sekundärrohstoffe entstehen, so dass die Umsetzung von Vorgaben in allen Mitgliedstaaten gleichermaßen ermöglicht wird.
Auch benachbarte Regulierungen machen den Ausbau der Recyclingkapazitäten notwendig: Die sich im Überarbeitungsprozess befindliche EU-Verpackungsrichtlinie (PPWD) wird voraussichtlich Verpflichtungen zum Einsatz von Rezyklaten in bestimmten Produkten enthalten. Voraussetzung für deren Erfüllung ist eine deutliche Verstärkung des Wertstoff-Recyclings, um die nötigen Rezyklatmengen verfügbar zu machen.
Zudem ist die Schaffung eines einheitlichen Wirtschaftsraumes für die Herstellung und den Vertrieb von Rezyklaten dringend erforderlich. So sind u.a. die europäischen Regelungen über die Verbringung von Kunststoffabfällen kritisch zu überprüfen. Recycling muss innerhalb der Europäischen Union grenzüberschreitend möglich sein.
Ein weiterer Ansatz, um zu mehr Recyclingmaterial zu gelangen, ist die Nutzung digitaler Markierungs-technik auf Verpackungen. Die EU-Kommission sollte eine Förderung solcher Ansätze in Erwägung ziehen, etwa von sog. digitalen Wasserzeichen. Mit Hilfe von auf der Verpackung transportierten Daten, etwa zu ihrer Zusammensetzung oder zu ihrer Bestimmung als Lebensmittel- oder Nicht-Lebensmittel-Verpackung, kann ein noch umfassenderes Recycling ermöglicht werden. Die zukünftigen Rahmenbedingungen des Recyclings müssen sich am Grundsatz der Technologieoffenheit orientieren und den technischen Fortschritt angemessen berücksichtigen.

2. Abfallvermeidungsziele: Mögliche Zielkonflikte beachten
Die Festlegung konkreter Abfallvermeidungsziele auf Ebene der EU-Mitgliedstaaten kann einen Beitrag zu mehr Nachhaltigkeit leisten. Voraussetzung ist jedoch, dass die Ziele auf Basis genauer Daten und Prognosen festgelegt und zu vertretbaren Kosten erreicht werden können.
Verpackungen sind immer wieder Gegenstand gesellschaftlicher Diskussionen um Abfall und Nachhaltigkeit. Eine zu einseitige Fokussierung auf Abfallvermeidung, etwa durch Verpackungsreduktion, kann jedoch Zielkonflikte auslösen: So besteht die Gefahr, dass allzu starre gewichtsbezogene Vermeidungsziele den Einsatz von Rezyklaten zurückdrängen. Zudem ist auch die Reduktion von Lebensmittelver-schwendung ein Ziel der Überarbeitung der Abfallrahmenrichtlinie: Gerade im Lebensmittelbereich ist jedoch die Schutzfunktion von Verpackungen essenziell, damit Lebensmittel bei Transport und Verkauf
unbeschädigt und im Haushalt länger genießbar bleiben. Dies gilt es, bei der Festlegung starrer Abfallvermeidungsziele zu berücksichtigen.

3. Wiederverwendbarkeit auf Basis wissenschaftlicher Fakten fördern
Die Förderung der Wiederverwendbarkeit von Produkten wird als Ziel der überarbeiteten Abfallrahmenrichtlinie genannt. Bei Verpackungen können gut konzipierte Wiederverwendungssysteme zu Ressourcen- und Materialeinsparungen beitragen. Mehrwegverpackungen müssen jedoch recycelbar sein und auch effektiv recycelt werden. Anreize oder Verpflichtungen zur Nutzung von Wiederverwendungssystemen sind nur für jene Fälle sinnvoll, in denen Produktsicherheit und Hygiene nicht beeinträchtigt und gleichzeitig umweltbezogene Vorteile gegenüber anderen Verpackungsformen nachgewiesen werden. Dafür ist eine fundierte wissenschaftliche Bewertung aus einer ganzheitlichen Lebenszyklusperspektive unter Berücksichtigung ökologischer, sozialer und wirtschaftlicher Faktoren notwendig.

4. Für eine einheitliche Kennzeichnung
Die AGVU unterstützt eine einheitliche Produktkennzeichnung sowie eine einheitliche Kennzeich-nungssystematik der Sammelsysteme in Europa. Die Kennzeichnung von Verpackungen als „recyclingfähig“ oder „wiederverwendbar“ sollte europaweit einheitlich erfolgen. Ein Label zur Recyclingfähigkeit muss sich dabei auf verbindliche Design-for-Recycling-Leitlinien beziehen und für Verbraucherinnen und Verbraucher nachvollziehbar sein.
Mit Blick auf das richtige Getrenntsammeln von Verpackungen ist eine europaweit einheitliche Systematik der Kennzeichnung anzustreben. Herstellern sollte es möglich sein, mit einer einzigen Verpackung den gesamten europäischen Markt zu bedienen und unverkaufte Bestände zu vermeiden.

5. Erweiterte Herstellerverantwortung kohärent regeln
Falls die Überarbeitung der der Abfallrahmenrichtlinie die Vorgaben zur Erweiterten Herstellerverant-wortung (Art. 8 iVm. Art. 15) berührt, ist sicherzustellen, dass die Vorgaben kohärent zu anderen Rechtsakten sind. Dies betrifft insbesondere die Richtlinie über Verpackungen und Verpackungsabfälle (94/62/EG), die sich zur Zeit in der Überarbeitung befindet.

Die Stellungnahme finden Sie auch hier verlinkt.