Aktuelles zu Verpackung und Nachhaltigkeit

Studien

Beitrag des Verpackungsrecyclings zum Klimaneutralitätsziel 2045

Berlin, 15. Juni 2023

Eine aktuelle Studie der GVM Gesellschaft für Verpackungsmarktforschung und des ifeu‐Instituts für Energie‐ und Umweltforschung Heidelberg gGmbH zeigt, dass die mit dem deutschen Verpackungsaufkommen verbundenen Treibhausgasemissionen bis 2045 um 94 Prozent gesenkt werden können. Die Studie prognostiziert, dass der Verpackungsverbrauch in Deutschland seinen Höhepunkt 2021 erreicht hat und in Zukunft kontinuierlich sinken wird. Steigen werden dagegen der Einsatz von Rezyklat und die Recyclingquoten.

Die Studie untersucht, welchen Beitrag kreislauffähige Verpackungen mit Blick auf das deutsche Klimaneutralitätsziel 2045 über alle Materialien hinweg leisten können und prognostiziert die Entwicklung relevanter Faktoren wie Recyclingquoten, Rezyklateinsatz, Verpackungsoptimierung und Verpackungsaufkommen. Dabei wurden die Lebenswegabschnitte der Rohstoffproduktion, der Packmittelproduktion, der Distribution sowie der Entsorgung und Verwertung für die durchschnittlichen deutschen Verhältnisse bilanziert.

Referenzpunkt der Studie ist das Jahr 2021. Modellierungen wurden für das Jahr 2030 sowie 2045 vorgenommen. Die Studie berücksichtigt bereits beschlossene staatliche oder europäische Lenkungseingriffe. Geplante oder erwartete konkrete Regulierungen wie beispielsweise die neue Europäische Verpackungsverordnung (Packaging and Packaging Waste Regulation; PPWR) sind dagegen nicht in die Prognosen eingeflossen. Allerdings ist laut Studie die Wirkungsrichtung aufgrund von grundsätzlichen Bestrebungen, die sich auch im Maßnahmenkatalog der PPWR finden, ähnlich.

Die vollständige Studie finden Sie hier.

Aktuelles zu Verpackung und Nachhaltigkeit

Stellungnahmen/Positionspapiere

Positionen zu einer Europäischen Verpackungs- und Verpackungsabfallverordnung (PPWR) – Oktober 2023

Der Entwurf für eine europäische Verpackungs- und Verpackungsabfallverordnung (PPWR) wird derzeit in Rat und EU-Parlament diskutiert und bearbeitet. Die AGVU empfiehlt folgende Festlegungen:


Design for Recycling: Stakeholderbeteiligung durch „Packaging Forum“ oder CEN-Normierung


Einheitliche Designanforderungen sind entscheidend für eine höhere Recyclingfähigkeit von Verpackungen. Bei der Entwicklung der Designkriterien ist die Gewährleistung einer echten Mitsprache der Stakeholder notwendig, denn mit einem partizipativen Ansatz lassen sich durch die vielfältige Expertise ehrgeizige und realistische Anforderungen entwickeln und kontinuierlich an den technischen Fortschritt anpassen. Die Einbindung der Stakeholder kann durch die kontinuierliche Beteiligung von Wirtschafts- und Wissenschaftsvertretern an der Entwicklung der delegierten Rechtsakte erfolgen. Eine solche institutionalisierte Mitarbeit hatte die EU-Kommission bereits mit dem Vorschlag eines „Packaging Forum“ angedacht. Alternativ bietet sich die Mandatierung und zeitnahe Entwicklung von CEN-Normierungen für alle Verpackungsmaterialien an.


Recyclingkapazitäten als Kriterium der Recyclingfähigkeit einer Verpackung


Die Einstufung der Recyclingfähigkeit einer Verpackung soll ab 2035 auch davon abhängen, ob EU-weit genügend Recyclingkapazitäten „in großem Maßstab“ für das jeweilige Format zur Verfügung stehen. Hersteller haben jedoch nur begrenzten Einfluss auf die Recyclinginfrastruktur. Schwankungen, die durch den Ausfall einzelner Recyclinganlagen verursacht werden, dürfen daher nicht automatisch zu einem Vermarktungsverbot der betroffenen Verpackung führen. Stattdessen sollte ein Durchschnittswert der vorhandenen Recyclingkapazität über mehrere Jahre in Betracht gezogen werden, um die Anforderungen zu erfüllen.


Als Berechnungsgrundlage sollte die in-Verkehr-gebrachte Menge oder die pro Verpackungsformat entstandene Abfallmenge herangezogen werden. Die Bevölkerung als Maßstab für die Schwelle heranzuziehen, ist problematisch, da längst nicht alle Verpackungsformate von der gesamten Bevölkerung genutzt werden.


Diskutiert wird aktuell eine geografische Einschränkung, d.h. die Betrachtung der Recyclinginfrastruktur in einem oder mehreren EU-Mitgliedstaaten. Dies würde jedoch Markteintrittsbarrieren schaffen und den EU-Binnenmarkt gefährden. Zudem stünde eine derartige Einschränkung im Widerspruch zu den Marktgegebenheiten: Sortier- und Recyclingkapazitäten werden grenzüberschreitend genutzt und lassen sich keinem Mitgliedstaat exklusiv zuordnen.


Rezyklateinsatz – berechnet auf Basis der Produktionsmenge pro Jahr


Die Kommission hatte vorgeschlagen, den Rezyklatanteil für den Kunststoffanteil jeder einzelnen Verpackung festzulegen. Deutlich praktikabler wäre es jedoch, die Berechnung am Durchschnitt der Gesamtmenge der Produkte eines Herstellers, die sich im Anwendungsbereich einer der Quoten nach Art. 7 befinden, auszurichten. Dieses Verfahren würde zudem der Umsetzung der europäischen Einwegkunststoffrichtlinie in Deutschland entsprechen. Der Berechnungszeitraum sollte ein Jahr betragen.

Eine Berechnung pro Produktionsanlage, wie sie aktuell in Rat und Europaparlament diskutiert wird, würde hingegen zu mehr Bürokratie führen, ohne jedoch die Nachfrage nach recycelten Materialien nachhaltig zu steigern. Dezentral produzierende Hersteller würden benachteiligt.


Verpackungsminimierung mit weniger Bürokratie erreichen


Hersteller sollen verpflichtet werden, die Übereinstimmung mit den Verpackungsminimierungsvorgaben nach Art. 9 PPWR nachzuweisen. Der Aufwand, rechtssicher zu dokumentieren, dass eine Verpackung nicht kleiner oder leichter sein kann, als sie tatsächlich ist, erscheint gerade für kleine und mittlere Unternehmen unverhältnismäßig. Anstelle einer standardmäßigen Dokumentation der Verpackungsminimierung könnten die zuständigen Behörden befugt werden, stichprobenartig oder bei begründeten Zweifeln Nachweise bei Unternehmen anzufordern.


Auf Verpackungsverbote verzichten


Verbote von bestimmten Verpackungsformaten sind eingriffsintensive Maßnahmen und betreffen auch Verbraucherinnen und Verbraucher. Für ihre Rechtfertigung müssen anspruchsvolle Anforderungen gelten. Die Auswahl- und Beurteilungskriterien der zu verbietenden Verpackungen im PPWR-Entwurf sind hingegen intransparent. Eine wissenschaftlich belegbare Bezugnahme zu ökologischen Vorteilen, die aus den Verboten erwachsen, erfolgt nicht. Vielmehr könnten insbesondere bei frischem Obst und Gemüse Verpackungsverbote negative Auswirkungen auf die Lebensmittelverschwendung, die Umweltbilanz und auch den Produktpreis haben. Vor diesem Hintergrund sollten Verpackungsverbote gänzlich aus dem Verordnungstext gestrichen werden. Die Ressourcenminimierung bei Verpackungen kann effizient und gleichzeitig effektiv über ökonomische Anreizinstrumente erreicht werden.


Wiederverwendbarkeit – Methodik für LCA schaffen


Sowohl Mehrweg- als auch Einwegsysteme haben ihre Berechtigung und sind nach den Umständen sowie den zu erreichenden Umweltzielen zu bewerten. Gut konzipierte Wiederverwendungssysteme können in bestimmten Bereichen einen wichtigen Beitrag zu Ressourcen- und Materialeinsparungen leisten. Gleichzeitig haben auch Pfand- und Recyclingsysteme für Einwegverpackungen in bestimmten Bereichen ökologische Vorteile. Die PPWR sollte daher grundsätzliche Offenheit für beide Systeme widerspiegeln. Die Wahl zwischen Einweg und Mehrweg sollte auf Basis geeigneter ökologischer Bewertungen, beispielsweise LCA (Life Cycle Assessment) oder PEF (Product Environmental Footprint), getroffen werden. So sieht die Abfallrahmenrichtlinie (Art. 4) bereits vor, dass Abweichungen von der Abfallhierarchie durch Lebenszyklusdenken gerechtfertigt sein können. Dies sollte entsprechend auch in der PPWR gelten. Die PPWR muss den Pfad für die Entwicklung einer entsprechenden Methodik vorgeben und mit bestehenden Normen konsistent sein.


Kein Mehrwegzwang für Transportverpackungen


Die vorgeschlagenen Mehrwegziele für Transportverpackungen sind faktisch kaum erreichbar und aus Umweltperspektive nicht überzeugend. So soll eine Quote von 100 % bereits ein Jahr nach Inkrafttreten der Verordnung erreicht werden (Art. 26, Abs. 12). Auch die aktuell diskutierte Verschiebung um mehrere Jahre würde enorme Umstellungen der Unternehmensprozesse bei sehr hohem Kostenaufwand auslösen. Vor allem würde die seit Langem erfolgreich etablierte Kreislaufführung der meisten Transportverpackungen über Bord geworfen: Transportverpackungen werden in der Industrie als wertvolle Rohstoffe betrachtet, die flächendeckend recycelt und wiederverwendet werden. Eine Umstellung auf Mehrweg würde darüber hinaus ein Register erfordern und Bürokratie und Verwaltungsaufwand nach sich ziehen.


Die Abgrenzung von grenzüberschreitenden Transporten und solchen innerhalb eines Mitgliedstaats kann kein Kriterium für die Pflicht zur Nutzung von Mehrwegsystemen sein. Sie stünde im Widerspruch zu den Prinzipien des EU-Binnenmarkts und würde Unternehmen benachteiligen, die in größeren Mitgliedstaaten ansässig sind.


Spezifische Anforderungen an Transportverpackungen im industriellen bzw. großgewerblichen Bereich müssen zwingend beachtet werden. Insbesondere im Bereich Gefahrgüter ist eine 1:1-Übertragung der auf Konsumgüter ausgerichteten Regelungen der PPWR nicht umsetzbar. Darüber hinaus sollte auf die Aufzählung von „beispielhaften Transportverpackungen“ verzichtet werden: Einige der genannten Verpackungen können nicht als Transportverpackungen eingestuft werden, da sie direkten Kontakt zum Füllgut haben, u.a. Kübel, Fässer und Kanister.


Unverpackt-Stationen in Verantwortung des Einzelhandels


Der Umweltausschuss im Europaparlament erwägt, große Einzelhändler zum Angebot unverpackter Produkte auf 20 % der Verkaufsfläche zu verpflichten. Selbstverständlich können Nachfüllstationen ein sinnvoller Bestandteil von Mehrwegsystemen sein, sie müssen aber auf die Bedürfnisse der Kundinnen und Kunden abgestimmt sein. Nur eine beschränkte Anzahl von Produkten ist jedoch für eine unverpackte Abgabe geeignet. Es bestehen darüber hinaus ungelöste Herausforderungen in Bezug auf Kennzeichnung, Hygiene und Verbrauchersicherheit. Ein flexiblerer Ansatz, der es Einzelhändlern freistellt, in welchem Maße sie Nachfüllstationen einführen, ist daher vorzuziehen.


Lizenzentgeltmodulierung im Einklang mit den Organisationsformen der Produktverantwortung in den Mitgliedstaaten


Mit der PPWR wird die Modulierung der Verpackungslizenzentgelte nach ökologischen Kriterien zur Pflicht. Ein europaweit einheitliches Merkmal sollte dabei der Grad der Recyclingfähigkeit einer Verpackung sein. Der Rezyklateinsatz wird hingegen bereits durch die verpflichtenden Quoten sichergestellt und sollte kein weiteres Kriterium sein.


Der Rechtsrahmen der PPWR wird auch Basis für die angestrebte Weiterentwicklung von § 21 Verpackungsgesetz bilden, der die Modulierung der Lizenzentgelte in Deutschland regelt. Ein z.Zt. diskutierter Finanzfonds, der aus Lizenzentgeltaufschlägen nach ökologischen Kriterien gespeist wird, sollte in einer privatrechtlichen Organisationsform errichtet werden. Dies steht im Einklang mit der Idee der Produktverantwortung und kann durch Beauftragung der dualen Systeme für den Einzug der Lizenzentgeltaufschläge effizient umgesetzt werden.

Ein PDF des Positionspapiers finden Sie hier.

Aktuelles zu Verpackung und Nachhaltigkeit

Stellungnahmen/Positionspapiere

Position zum Gesetzentwurf für eine Europäische Verpackungs- und
Verpackungsabfallverordnung (PPWR)

Der Entwurf der europäischen Verpackungs- und Verpackungsabfallverordnung (PPWR) ist grundsätzlich geeignet, die Verpackungs-Kreislaufwirtschaft im europäischen Binnenmarkt wesentlich voranzutreiben. Einheitliche Vorgaben für die Gestaltung kreislauffähiger Verpackungen tragen zu einem „Level Playing Field“ für die Akteure der Wertschöpfungskette Verpackung und zur Etablierung eines echten Sekundärrohstoffmarktes in Europa bei.

Der Vorschlag enthält jedoch auch problematische Aspekte: So werden zentrale Entscheidungen, etwa in den Bereichen Rezyklateinsatz, Recyclingfähigkeit sowie Einschränkung von Verpackungsformaten
auf die Ebene von Delegierten Rechtsakten und Durchführungsrechtsakten verlagert und damit der EU-Kommission zugeordnet. Dem notwendigen Einbezug des Europäischen Parlaments wird damit nicht Rechnung getragen. Zudem fehlt für einige Maßnahmen mit hoher Eingriffsintensität in die Entscheidungsfreiheit von Unternehmen – etwa Mehrwegquoten und Verpackungsverbote – der wissenschaftliche Nachweis der resultierenden ökologischen Vorteile. Entscheidungen von dieser Tragweite
sollten jedoch auf Basis vergleichender Ökobilanzen getroffen werden. Der Vorschlag etabliert zudem eine Reihe neuer Dokumentations- und Überprüfungspflichten, insbesondere für Hersteller und Händler, die in der Summe beträchtliche Bürokratiekosten für Unternehmen nach sich ziehen würden.

Die AGVU empfiehlt Anpassungen in den folgenden Bereichen:

Recyclingfähigkeit (Art. 6)

Der Artikel schafft die rechtliche Grundlage für einheitliche Designanforderungen für Verpackungen mit Blick auf ihre Recyclingfähigkeit. Dieses wichtige Vorhaben hat das Potenzial, die Recyclingquoten für Verpackungen signifikant zu steigern. Die Regelungen können jedoch auch zu hoher Komplexität führen: Vorgesehen ist eine Differenzierung zwischen 30 Verpackungsmaterialien bzw. – kategorien (Annex II, Tabelle 1); innerhalb der Kategorien erfolgt wiederum eine Abstufung der Anforderungen nach fünf Performanceklassen (A-E; Annex II, Tabelle 2). Die Unterteilung in Verpackungskategorien ist unvollkommen und sollte angepasst werden – so wird bei Kunststoff in 18 Kategorien, bei Papier/Pappe beispielsweise nur in zwei Kategorien unterschieden. Dies wird der tatsächlichen Materialvielfalt nicht gerecht. Dennoch muss die Notwendigkeit derartig detaillierter Unterteilungen kritisch geprüft und mit dem zu erwartenden Aufwand für die Verpackungshersteller bei der Erstellung der geforderten Konformitätserklärung (Art. 6.8. i.V.m. Annex VII) ins Verhältnis gesetzt werden. Die Speicherung der Konformitätserklärungen sollte zudem auch digital erfolgen dürfen.

Notwendig ist zudem ein festes Zieldatum für die Vorlage der Delegierten Rechtsakte zu den konkreten Designanforderungen und den Vorgaben für die Lizenzentgelt-Modulierung, um Rechtssicherheit für die Hersteller herzustellen. Bei der Erarbeitung aller Delegierten Rechtsakte sollten zudem Expertinnen und Experten aus den Unternehmen der Wertschöpfungskette Verpackung in einen institutionalisierten, transparenten Prozess, etwa nach Vorbild der Entwicklung des deutschen
„Mindeststandard Recyclingfähigkeit“, eingebunden werden. Im Bereich Design-for-Recycling sollte das Ziel dieses Prozesses sein, einen CEN-Standard für alle Verpackungsmaterialien zu erreichen, der eine Harmonisierung der Bemessung von Recyclingfähigkeit sicherstellt und bereits existierende Design-for-Recycling Vorgaben angemessen berücksichtigt.

Rezyklateinsatz (Art. 7)

Um ein einheitliches Verständnis des Begriffs Rezyklat zu gewährleisten, sollte sich der Text der Verordnung explizit auf eine international anerkannte Norm (zum Beispiel DIN/ISO 14021:2016(E)) beziehen. Die vorgesehenen Rezyklateinsatzquoten für kontaktsensitive Materialien aus Nicht-PET sind nach aktuellem Stand nicht erfüllbar, da keine entsprechenden Recyclingprozesse zugelassen sind. Ein Abweichen von der Quote ist zwar im Falle einer fehlenden Autorisierung bestimmter Technologien möglich (Art. 7.9), liegt aber allein im Ermessen der EU-Kommission. Dieser Artikel sollte dahingehend geändert werden, dass die Quote für kontaktsensitive Materialien aus Nicht-PET nur dann in Kraft tritt, wenn die Zulassung entsprechender Recyclingprozesse bis zu einem bestimmten Datum erfolgt ist. Falls die Erfüllung der Quote teilweise über sog. chemisches Recycling angestrebt wird, sind entsprechende Technologien klar zu definieren und ihre Voraussetzungen
und Bedingungen festzulegen. In der Abfallrahmenrichtlinie sollte gleichzeitig aufgenommen werden, dass chemisches Recycling in der Abfallhierarchie unterhalb des werkstofflichen Recyclings
einzuordnen ist. Darauf bezugnehmend ist in der Verpackungsverordnung festzulegen, dass sich die Gestaltung von Verpackungen an der werkstofflichen, nicht an der chemischen Recycelbarkeit ausrichtet.

Für den Fall mangelnder Verfügbarkeit von Rezyklaten sollten die Bedingungen, unter denen die EU-Kommission Abweichungen von den vorgesehenen Rezyklatquoten verfügen kann, konkret definiert werden (Art. 7.10.). Für die Möglichkeit der EU-Kommission, für weitere Materialien Rezyklateinsatzquoten festzulegen (Art. 7.11), sollten im Verordnungstext Voraussetzungen genannt werden, etwa das Feststellen einer unzureichenden Marktfunktion bei den entsprechenden Materialien.

Art. 7.1 regelt die Berechnung der Rezyklatanteile mit Bezugnahme auf jede einzelne Verpackung. Diese Vorgabe steht im Widerspruch zu den Vorgaben der Berechnung der Rezyklatanteile in PET-Flaschen in der europäischen Einwegkunststoffrichtlinie: Dort ist der Anteil als „Durchschnitt aller im Hoheitsgebiet des im jeweiligen Mitgliedstaat in Verkehr gebrachten PET-Flaschen“ zu berechnen (Art. 5.a EU 2019/904). Gerade bei mangelnder Verfügbarkeit geeigneter Rezyklate verringert eine Berechnung auf Produktbasis die Chancen auf Effizienz bei der Beschaffung und im Einsatz von Rezyklaten. Auch angesichts der relativ knappen Frist von drei Jahren zwischen Veröffentlichung der Rezyklatanteil-Berechnungsmethodik und dem Inkrafttreten der Quoten ist dies problematisch. Es sollte den Herstellern daher freigestellt werden, den Rezyklatanteil auf Produktbasis oder im Durchschnitt der Gesamtmenge der Produkte, die sich im Anwendungsbereich einer der Quoten nach Art. 7 befinden, zu berechnen.

Verpackungsminimierung (Art. 9)

Die vorgeschlagene Methodik der Verpackungsminimierung ist grundsätzlich nachvollziehbar, problematisch ist jedoch die vorgesehene Pflicht für Hersteller, einen Übereinstimmungsnachweis für jede einzelne Verpackung zu führen. Der Aufwand, rechtssicher nachzuweisen und zu dokumentieren, dass eine Verpackung nicht kleiner oder leichter sein kann, als sie tatsächlich ist, erscheint gerade für kleine und mittlere Unternehmen unverhältnismäßig.

Auf eine standardmäßige Dokumentation der Verpackungsminimierung sollte verzichtet werden. Stattdessen könnten die zuständigen Behörden befugt werden, stichprobenartig oder bei begründeten Zweifeln Nachweise bei Unternehmen anzufordern. Auch auf diesem Wege kann sichergestellt werden, dass die Verpackungsminimierung nach den Kriterien aus Annex IV erfolgt.

Insbesondere im Bereich Lebensmittelverpackungen müssen die Vorgaben zur Verpackungsminimierung mit anderen politischen Initiativen kohärent sein. Sie müssen u.a. jene Maßnahmen berücksichtigen, die im Rahmen der Verordnung über Materialien mit Lebensmittelkontakt und Initiativen im Rahmen von „Farm to Fork“ verfolgt werden, um Lebensmittelabfälle im Einzelhandel und in Privathaushalten bis 2030 zu halbieren.

Verbote von Verpackungsformaten (Art. 22)

Verbote von bestimmten Verpackungsformaten sind eingriffsintensive Maßnahmen. Sie betreffen nicht nur Hersteller, sondern auch Verbraucherinnen und Verbraucher. Es müssen daher anspruchsvolle Anforderungen an die Rechtfertigung von Verboten gelten. Im Verordnungsentwurf erscheint die fehlende Transparenz der Auswahl- und Beurteilungskriterien der zu verbietenden Verpackungen problematisch. Auch erfolgt keine wissenschaftlich fundierte Bezugnahme zu etwaigen ökologischen Vorteilen, die aus den Verboten erwachsen.

Der Blick auf die Wirkung der Verpackungsverbote in der europäischen Einwegkunststoffrichtlinie zeigt, dass Alternativprodukte nicht zwingend ökologisch vorteilhafter sind. Ein Verbot von kleinen Verpackungsformaten ist mit Blick auf die generelle Zunahme von Ein- und Zweipersonenhaushalten und dem notwendigen Lebensmittelschutz ökologisch nicht zielführend. Auch das vorgeschlagene Verbot nicht-kompostierbarer Kaffee- oder Teesystem-Einzelportionseinheiten, die zusammen mit dem Erzeugnis verwendet und entsorgt werden, (Art. 8.1. i.V.m. Art. 3 (1) Buchst. f u. g) muss nach der Verhältnismäßigkeit und den zu erwartenden ökologischen Effekten beurteilt werden. Es ist nicht belegt, dass kompostierbare Lösungen in Bezug auf die Umweltauswirkungen besser abschneiden als Recyclinglösungen. Ein großer Anteil der Zubereitungssysteme auf dem Markt ist nicht auf kompostierbare Einzelportionseinheiten umrüstbar; bis zu 140 Millionen funktionierende Kaffee- oder Teemaschinen in EU-Haushalten würden unbrauchbar und müssten ersetzt werden – womit ein hoher zusätzlicher Ressourcenverbrauch entstünde. Art. 8.1. sollte dahingehend geändert werden, dass die betreffenden Produkte 24 Monate nach Inkrafttreten der Verordnung entweder recyclingfähig oder kompostierbar sein müssen.

Grundsätzlich empfiehlt die AGVU, Verpackungsverbote gänzlich aus dem Verordnungstext zu streichen. Die Ressourcenminimierung bei Verpackungen kann besser justierbar, effizienter und gleichzeitig effektiv über ökonomische Anreizinstrumente erreicht werden.

Wiederverwendbarkeit (Art. 23-26)

Gut konzipierte Wiederverwendungssysteme können in bestimmten Bereichen zu Ressourcen- und Materialeinsparungen beitragen. Allerdings bringen Mehrwegsysteme nicht in jedem Fall einen ökologischen Vorteil gegenüber Einwegsystemen. Grundlage für Vorgaben von Mehrwegquoten sollten daher geeignete ökologische Bewertungen, beispielsweise LCA (Life Cycle Assessment), sein. Den Mindestanforderungen für Mehrwegsysteme (Annex VI) sollten zudem Kriterien hinzugefügt werden, die für einen möglichst niedrigen CO2-Fußabdruck sorgen, etwa hinsichtlich einer Minimierung der Mehrweg-Transportwege.

Die im Verordnungsentwurf vorgesehene Gleichstellung von Verpackungen für private Nutzer mit Verpackungen für gewerbliche Nutzer ist nicht nachvollziehbar und nicht sachlich zu rechtfertigen. Hier bedarf es – ebenso wie für Transportverpackungen – einer weiteren Differenzierung bezüglich des Verwendungszwecks und der Füllgüter. Einige der vorgeschlagenen Mehrwegziele, insbesondere für Transportverpackungen, sind zudem zu hoch und faktisch kaum erreichbar. Art. 26, Abs. 12 legt beispielsweise eine Quote von 100 % bereits ein Jahr nach Inkrafttreten der Verordnung fest. Ihre Realisierung wäre selbst bei umfassenden und abrupten Umstellungen der Unternehmensprozesse und bei enorm hohem Kostenaufwand kaum möglich.

Transportverpackungen, insbesondere Kunststofffolien und PPK-Produkte, sind meist sehr gut recycelbar. Da die Recyclingfähigkeit maßgeblich durch das Füllgut bestimmt wird, ist hier eine entsprechende Differenzierung notwendig. Auf die Aufzählung von „beispielhaften Transportverpackungen“ sollte verzichtet werden, denn einige der ausdrücklich genannten Verpackungen sind nach Definition in Art. 3 Abs. 4 nicht als Transportverpackungen einzustufen, da sie direkten Kontakt
zum Füllgut haben („pails“ – Artikel 26.7.; „canisters“ – 26.12; „drums“ – 26.7., 12 u. 13.). Die im Verordnungsentwurf vorgesehenen Mehrweg-Ziele sollten insgesamt – im Austausch mit den betroffenen Unternehmen – auf Notwendigkeit, Umsetzbarkeit und finanzielle Implikation überprüft
und gegebenenfalls abgesenkt werden.

Februar 2023

Das Positionspapier gibt es auch hier als Download :

Aktuelles zu Verpackung und Nachhaltigkeit

Stellungnahmen/Positionspapiere

Die Belastung von Wirtschaft und Haushalten durch die Litteringabgabe muss begrenzt werden

Position zum Entwurf eines Kostenmodells zur Umsetzung der europäischen Einwegkunststoffrichtlinie

Die europäische Einwegkunststoffrichtlinie legt eine Ausweitung der Herstellerverantwortung für bestimmte Verpackungen und Produkte fest. Vorgesehen ist eine Kostenbeteiligungspflicht der Hersteller, sowohl für die Reinigung des öffentlichen Raums als auch für die Entsorgung der Produkte
in der öffentlichen Abfallsammlung. Zur Umsetzung in deutsches Recht hat das Bundesumweltministerium (BMUV) einen Entwurf für ein Einwegkunststofffondsgesetz (EWKFondsG) vorgelegt, das sich zurzeit im parlamentarischen Verfahren befindet. Nach Maßgabe dieses Entwurfs
sollen die Hersteller der in der Richtlinie benannten Produkte kostendeckende Beiträge in einen Fonds einzahlen. Die mit der Reinigung beauftragten kommunalen Unternehmen sollen Auszahlungen aus
dem Fonds erhalten. Eine Ein- und Auszahlungssystematik, erarbeitet im Rahmen eines UBAForschungsverfahrens, wurde nun im Entwurf einer Rechtsverordnung (EWKFondsV) veröffentlicht. Diese beziffert das Fondsvolumen auf 434 Mio. €.

Vor dem Hintergrund der drohenden Belastung von Wirtschaft und Haushalten fordert die AGVU eine
Befassung des Bundestags mit dem Verordnungsentwurf; ein „Durchregieren“ des BMUV erscheint als nicht angemessen. Dabei sollte auf folgende Anpassungen hingewirkt werden:

1. Belastungen begrenzen und negative Effekte im Bereich Recyclingfähigkeit vermeiden

Für die Hersteller von Einwegkunststoffprodukten bedeuten Fondsbeiträge in der vom BMUV geplanten Höhe eine mitunter extreme Belastung. Die im Fonds mit 65,3 Mio. € veranschlagten Zahlungen für flexible Verpackungen werden zu einem Großteil von Herstellern von Süßwaren und anderen Lebensmitteln zu tragen sein. Bei den Herstellern von Getränkekartons beträgt die zusätzliche Belastung fast 45 Mio. € pro Jahr. Problematisch erscheint allerdings, dass die vorgesehenen Beiträge teils deutlich über den ebenfalls zu entrichtenden Lizenzgebühren liegen. In einigen Fällen wären die Beiträge sogar doppelt so hoch. Die Kosten müssten wohl zum Großteil
von den Unternehmen an die Haushalte weitergegeben werden. Vor diesem Hintergrund sollten die geplanten Einzahlungen in den Fonds verringert werden.

Auch mögliche Umwelteffekte der Kostenbelastung müssen Beachtung finden: So orientieren sich bereits viele Hersteller von Kunststoffverpackungen an der geplanten Neufassung von § 21 VerpackG. Hier ist eine stärkere Modulierung der Lizenzentgelte für gut recycelbare Verpackungen gegenüber weniger gut recycelbaren vorsehen. Der erwünschte Effekt dieses Vorhabens – hohe Investitionen in die Recyclingfähigkeit von Verpackungen – könnte durch die Litteringabgabe teils konterkariert werden, denn diese unterscheidet nicht nach Recyclingfähigkeit. Lediglich das Ausweichen auf andere Verpackungsmaterialien würde sich für die Hersteller rechnen,
wohingegen Investitionen in höhere Recyclingfähigkeit angesichts sehr hoher Litteringabgaben kaum noch einen Effekt hätten.

Substitutionseffekte hin zu nicht von der Litteringabgabe betroffenen Materialien sind nicht untersucht worden. Diese könnten jedoch dazu führen, dass zukünftig häufiger andere Materialien als Kunststoff für Einwegverpackungen genutzt werden. Das eigentliche Ziel – weniger Littering – würde somit verfehlt

2. Lückenhafte Studien nicht als Berechnungsbasis nutzen

Die EWKFondsV beruht auf dem Abschlussbericht eines UBA-Forschungsvorhaben zum Kostenmodell für den Einwegkunststofffonds. Die den Berechnungen zugrundeliegenden Daten und Studien werden zwar vorgestellt, sind aber unvollständig, zum Großenteil nicht transparent
und somit nicht nachprüfbar. Insbesondere bei den zentralen Komponenten der Berechnung der Abgabesätze, also bei den auf dem Markt bereitgestellten Mengen, den Abfallmengen bzw. Reinigungskosten ergeben sich eine Reihe von Problemen:

  • Die auf dem Markt bereitgestellten Mengen wurden in großem Umfang geschätzt und nur in Form von Bandbreiten angegeben. Sinnvoll ist es, die bereitgestellten Mengen so zu ermitteln, dass eine trennscharfe Unterscheidung zwischen allen Produktarten und eine verursachergerechte Zurechnung erfolgen kann. Hinzu kommt, dass die Aufteilung in bepfandete und unbepfandete Getränkebehälter aufgrund der erfolgten Ausweitung der Pfandpflicht (seit 2022 bzw. ab 2024) nicht den aktuellen Gegebenheiten entspricht. So ist zu erwarten, dass die nun bepfandeten Behälter seltener gelittert werden.
  • Die Abfallmengen bzw. Reinigungskosten beruhen auf einer Studie, die im Auftrag des Verbands der kommunalen Unternehmen (VKU) durchgeführt wurde und bisher nicht veröffentlicht wurde. In der Zusammenfassung fehlen Angaben zur Methodik, Angaben zu den absoluten Mengen sowie eine Aufschlüsselung nach Produkten. Die gesamte VKU-Studie, inklusive der Rohdaten, muss der Fachöffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Da der VKU Unternehmen vertritt, die Auszahlungen aus dem Einwegkunststofffonds erhalten, ist die VKU-Studie nicht unabhängig und sollte nicht als zentrale Grundlage für die Berechnung der Abgabensätze dienen. Die zusätzliche Erhebung von Daten im Rahmen des UBA-Forschungsvorhabens, v.a. zum Außerortsbereich, stellt aufgrund einer vergleichsweise kleinen Stichprobe keine ausreichende Basis für eine korrekte Hochrechnung von Reinigungskosten für das gesamte Bundesgebiet dar.

Vor diesem Hintergrund können die Studiendaten höchstens als erste Orientierungsgröße verwendet werden, nicht jedoch als Basis für die Berechnung konkreter Abgabesätze.

3. Zusätzliche Mittel zur Senkung der Abfallgebühren verwenden

Die Abgaben an einen neuen Einwegkunststofffonds stellen eine signifikante Belastung für die Inverkehrbringer von Einwegkunststoff-Produkten dar. Große Teile dieser Mehrkosten werden voraussichtlich auf die Verbraucherinnen und Verbraucher überwälzt, und das in Zeiten ohnehin stark gestiegener Lebenshaltungskosten. Dies räumt auch das BMUV im Diskussionsentwurf für die EWKFondsV grundsätzlich ein (S.2). Zudem handelt es sich um Produkte, für die es „derzeit keine leicht verfügbaren geeigneten oder nachhaltigeren Alternativen gibt“ (Abschlussbericht des UBA Forschungsvorhabens, S.2). Verbraucherinnen und Verbraucher können also schwer auf andere Produkte ausweichen und werden die Zusatzkosten tragen müssen.

Kommunen hingegen werden durch die neue Kostentragungspflicht der Hersteller entlastet, sie empfangen zusätzliche Finanzmittel aus dem Einwegkunststofffonds. Es ist jedoch fraglich, ob dies zu einer Entlastung der Verbraucherinnen und Verbraucher führen wird. Der Entwurf des EWKFondsG merkt dazu lediglich an, es „könne“ hier zu einer Entlastung kommen (S.2). Dies ist unzureichend. Wichtig ist es, die Mittelverwendung in der Rechtsverordnung zum Kostenmodell eindeutig festzulegen, etwa anteilig für Sensibilisierungsmaßnahmen, den Ausbau der öffentlichen Sammelinfrastruktur und für die Steigerung der Reinigungsqualität. Ein weiterer Anteil sollte als Überschuss verrechnet und für eine Senkung der Abfallgebühren für private Haushalte genutzt werden. Eine Pflicht zur Dokumentation muss mit diesen Vorgaben einhergehen.

4. EU-weite Koordinierung gewährleisten

Alle EU-Mitgliedstaaten sind zur Umsetzung der Einwegkunststoffrichtlinie verpflichtet. Die EUKommission hat Leitlinien zur Umsetzung der erweiterten Herstellerverantwortung angekündigt, die ein gewisses Maß an Einheitlichkeit gewährleisten sollen. Laut BMUV wurde die
Veröffentlichung der Leitlinien jedoch auf unbestimmte Zeit verschoben; eine Koordination mit anderen Mitgliedstaaten findet dem Vernehmen nach nicht statt.

Unternehmen, die in mehr als einem EU-Mitgliedstaat aktiv sind, könnten völlig unterschiedlichen Systemen und Registrierungsformen gegenüberstehen. Dies führt zu Bürokratiekosten, die durch
eine EU-weite Koordinierung vermeidbar wären. Deutschland gehört nach Angaben des BMUV zu den ersten Mitgliedstaaten, die bereits ein konkretes Kostenmodell erarbeitet haben. Daher müssen die anderen EU-Mitgliedstaaten zu einer Koordination mit dem Ziel einer möglichst
einheitlichen Umsetzung der erweiterten Herstellerverantwortung eingeladen werden.

5. Einwegkunststoffkommission paritätisch besetzen

Mit der Einwegkunststoffkommission soll den Entscheidungsträgern ein Beratungsgremium zur Seite gestellt werden. Durch die Besetzung der Kommission, geregelt in § 24 EWKFondsG, ergibt sich jedoch eine Stimmenmehrheit für die Entsorgungswirtschaft gemeinsam mit den Umwelt- und Verbraucherverbänden. Da die Einwegkunststoffkommission auch für das Prinzip der Produktverantwortung steht, ist hier zumindest ein Stimmengleichgewicht herzustellen – beispielsweise durch eine Erhöhung der Zahl der Herstellervertreter.

6. Verwaltungskosten des Einwegkunststofffonds klar begrenzen

Die Ansiedelung des Einwegkunststofffonds beim Umweltbundesamt birgt das Risiko unnötig hoher Verwaltungskosten. Mit der Zentralen Stelle Verpackungsregister (ZSVR) steht bereits eine Struktur für die Realisierung der erweiterten Herstellerverantwortung zur Verfügung, auf die ein
Fonds aufsetzen könnte. Bei Errichtung und Verwaltung des Fonds muss in jedem Fall ein besonderes Augenmerk auf schlanken Strukturen und der Nutzung vorhandener Expertise liegen.

Februar 2023

Dieses Positionspapier finden sie unter folgendem Link auch als Download-PDF:

Aktuelles zu Verpackung und Nachhaltigkeit

Stellungnahme

Überarbeitung der Europäischen Abfallrahmenrichtlinie

Die AGVU begrüßt die geplante Weiterentwicklung der europäischen Abfallrahmenrichtlinie mit den Schwerpunkten Abfallvermeidung sowie Reduktion der Restabfallmengen durch verbesserte Sammelsysteme. Die Kernpunkte der Überarbeitung werden im Folgenden aus dem Blickwinkel der Kreislaufführung von Verpackungswertstoffen kommentiert.

1. Eine europäische Investitionsinitiative für mehr Recycling ist notwendig
Für die Etablierung einer umfassenden europäischen Kreislaufwirtschaft sind massive Investitionen notwendig. Im Hinblick auf die heterogene und in Teilen noch wenig leistungsfähige Recyclinginfrastruktur in den verschiedenen EU-Mitgliedstaaten muss zügig eine zielgerichtete Investitionsförderung erfolgen. Nur bei einer ähnlich hohen Leistungsfähigkeit der Recyclinginfrastruktur in ganz Europa kann ein Binnenmarkt für Sekundärrohstoffe entstehen, so dass die Umsetzung von Vorgaben in allen Mitgliedstaaten gleichermaßen ermöglicht wird.
Auch benachbarte Regulierungen machen den Ausbau der Recyclingkapazitäten notwendig: Die sich im Überarbeitungsprozess befindliche EU-Verpackungsrichtlinie (PPWD) wird voraussichtlich Verpflichtungen zum Einsatz von Rezyklaten in bestimmten Produkten enthalten. Voraussetzung für deren Erfüllung ist eine deutliche Verstärkung des Wertstoff-Recyclings, um die nötigen Rezyklatmengen verfügbar zu machen.
Zudem ist die Schaffung eines einheitlichen Wirtschaftsraumes für die Herstellung und den Vertrieb von Rezyklaten dringend erforderlich. So sind u.a. die europäischen Regelungen über die Verbringung von Kunststoffabfällen kritisch zu überprüfen. Recycling muss innerhalb der Europäischen Union grenzüberschreitend möglich sein.
Ein weiterer Ansatz, um zu mehr Recyclingmaterial zu gelangen, ist die Nutzung digitaler Markierungs-technik auf Verpackungen. Die EU-Kommission sollte eine Förderung solcher Ansätze in Erwägung ziehen, etwa von sog. digitalen Wasserzeichen. Mit Hilfe von auf der Verpackung transportierten Daten, etwa zu ihrer Zusammensetzung oder zu ihrer Bestimmung als Lebensmittel- oder Nicht-Lebensmittel-Verpackung, kann ein noch umfassenderes Recycling ermöglicht werden. Die zukünftigen Rahmenbedingungen des Recyclings müssen sich am Grundsatz der Technologieoffenheit orientieren und den technischen Fortschritt angemessen berücksichtigen.

2. Abfallvermeidungsziele: Mögliche Zielkonflikte beachten
Die Festlegung konkreter Abfallvermeidungsziele auf Ebene der EU-Mitgliedstaaten kann einen Beitrag zu mehr Nachhaltigkeit leisten. Voraussetzung ist jedoch, dass die Ziele auf Basis genauer Daten und Prognosen festgelegt und zu vertretbaren Kosten erreicht werden können.
Verpackungen sind immer wieder Gegenstand gesellschaftlicher Diskussionen um Abfall und Nachhaltigkeit. Eine zu einseitige Fokussierung auf Abfallvermeidung, etwa durch Verpackungsreduktion, kann jedoch Zielkonflikte auslösen: So besteht die Gefahr, dass allzu starre gewichtsbezogene Vermeidungsziele den Einsatz von Rezyklaten zurückdrängen. Zudem ist auch die Reduktion von Lebensmittelver-schwendung ein Ziel der Überarbeitung der Abfallrahmenrichtlinie: Gerade im Lebensmittelbereich ist jedoch die Schutzfunktion von Verpackungen essenziell, damit Lebensmittel bei Transport und Verkauf
unbeschädigt und im Haushalt länger genießbar bleiben. Dies gilt es, bei der Festlegung starrer Abfallvermeidungsziele zu berücksichtigen.

3. Wiederverwendbarkeit auf Basis wissenschaftlicher Fakten fördern
Die Förderung der Wiederverwendbarkeit von Produkten wird als Ziel der überarbeiteten Abfallrahmenrichtlinie genannt. Bei Verpackungen können gut konzipierte Wiederverwendungssysteme zu Ressourcen- und Materialeinsparungen beitragen. Mehrwegverpackungen müssen jedoch recycelbar sein und auch effektiv recycelt werden. Anreize oder Verpflichtungen zur Nutzung von Wiederverwendungssystemen sind nur für jene Fälle sinnvoll, in denen Produktsicherheit und Hygiene nicht beeinträchtigt und gleichzeitig umweltbezogene Vorteile gegenüber anderen Verpackungsformen nachgewiesen werden. Dafür ist eine fundierte wissenschaftliche Bewertung aus einer ganzheitlichen Lebenszyklusperspektive unter Berücksichtigung ökologischer, sozialer und wirtschaftlicher Faktoren notwendig.

4. Für eine einheitliche Kennzeichnung
Die AGVU unterstützt eine einheitliche Produktkennzeichnung sowie eine einheitliche Kennzeich-nungssystematik der Sammelsysteme in Europa. Die Kennzeichnung von Verpackungen als „recyclingfähig“ oder „wiederverwendbar“ sollte europaweit einheitlich erfolgen. Ein Label zur Recyclingfähigkeit muss sich dabei auf verbindliche Design-for-Recycling-Leitlinien beziehen und für Verbraucherinnen und Verbraucher nachvollziehbar sein.
Mit Blick auf das richtige Getrenntsammeln von Verpackungen ist eine europaweit einheitliche Systematik der Kennzeichnung anzustreben. Herstellern sollte es möglich sein, mit einer einzigen Verpackung den gesamten europäischen Markt zu bedienen und unverkaufte Bestände zu vermeiden.

5. Erweiterte Herstellerverantwortung kohärent regeln
Falls die Überarbeitung der der Abfallrahmenrichtlinie die Vorgaben zur Erweiterten Herstellerverant-wortung (Art. 8 iVm. Art. 15) berührt, ist sicherzustellen, dass die Vorgaben kohärent zu anderen Rechtsakten sind. Dies betrifft insbesondere die Richtlinie über Verpackungen und Verpackungsabfälle (94/62/EG), die sich zur Zeit in der Überarbeitung befindet.

Die Stellungnahme finden Sie auch hier verlinkt.

Aktuelles zu Verpackung und Nachhaltigkeit

Studien

Was treibt unser Verpackungsaufkommen? Neue Studie entschlüsselt die Dynamik von Konsum, Gewichtsreduktion und Recyclingfähigkeit

Seit 1991 hat das Verpackungsaufkommen in Deutschland um 14% zugenommen. Welche Faktoren treiben bzw. dämpfen diese Entwicklung? Eine neue Studie geht dieser Frage auf den Grund.

Als Haupttreiber des Verpackungsaufkommens privater Haushalte zwischen 1991 und 2020 identifiziert die Studie der Gesellschaft für Verpackungsmarktforschung (GVM) den gestiegenen Konsum verpackter Produkte und eine Tendenz zu kleineren Packungsgrößen – z.B. aus demografischen Gründen. Diese Effekte wurden jedoch durch im gleichen Zeitraum erfolgte erhebliche Einsparungen beim Gewicht vieler Verpackungen deutlich abgefedert. Auch wenn die Innovationskraft der Verpackungsindustrie folglich den gestiegenen Konsum zu großen Teilen kompensiert hat, kann es kein simples Weiter So geben. Die von fünf Verbänden der Verpackungswirtschaft in Auftrag gegebene Studie weist nicht nur auf ausgeschöpfte Potenziale zur Verpackungsoptimierung hin, sondern verdeutlicht auch, dass Gewichtsreduzierungen mitunter auf Kosten der Recyclingfähigkeit einer Verpackung gehen. Der Weg zu mehr Nachhaltigkeit führt also nicht nur über eine Drosselung des Konsums oder leichtere Verpackungen, sondern auch über ein recyclinggerechtes Design und umweltfreundlichere Materialien.

Die vollständige Studie finden Sie hier.

Aktuelles zu Verpackung und Nachhaltigkeit

Stellungnahmen/Positionspapiere

Verpflichtende Kunststoff-Rezyklat-Einsatzquoten im Rahmen der europäischen Verpackungs- und Verpackungsabfallrichtlinie PPWD

Im Zuge der Überarbeitung der europäischen Richtlinie über Verpackungen und Verpackungsabfälle PPWD (94/62/EG) unterstützt die AGVU Vorschläge für konkrete Rezyklat-Einsatzquoten bei Kunststoffverpackungen. Diese stellen einen sinnvollen Ansatz dar, um Kunststoffe in Verpackungen im großen Umfang mehrfach zu nutzen und einen Beitrag zur Ressourcenschonung zu leisten. Im Einzelnen gelten folgende Empfehlungen:

  • Die Definition von Rezyklaten muss auf Sekundärrohstoffe abstellen, die aus dem Recycling von Abfällen gewonnen werden. Nur Abfälle nach Gebrauch (Post-Consumer-Waste) sollten zulässig sein. Die Herkunft des Materials muss dafür nachvollzogen werden.
  • Verpflichtende Rezyklateinsatzquoten für Verpackungen und Produkte aus Kunststoff sind sinnvoll, wenn das Recyclingmaterial in der notwendigen Qualität, z.B. für einen Einsatz in Anwendungen mit Lebensmittelkontakt, sicher verfügbar ist. Um dies sicherzustellen, muss das im Entwurf der Europäischen Verpackungsrichtlinie PPWD verankerte Ziel von 55 % physischem Recyclingoutput, bezogen auf die Marktmenge von Kunststoffverpackungen, tatsächlich erreicht werden. Mit Blick auf die sehr heterogene und in Teilen noch zu wenig leistungsfähige Recyclinginfrastruktur in den verschiedenen EU-Mitgliedsstaaten muss zunächst die Investitionsförderung in diesem Bereich im Vordergrund stehen.
  • Ein wirklicher Beitrag zum Schließen von Rohstoffkreisläufen bei Kunststoffverpackungen wird erzielt, wenn die Einsatzquoten für Rezyklate in Bezug zu den tatsächlichen Recycling-Outputmengen stehen. Sogenannte „Post-Industrial-Materialien“, also Materialien, die nie in Gebrauch waren, müssen in der Rezyklatdefinition ausgeschlossen werden. Diese Materialien fallen im ursprünglichen Produktionsprozess an und sollten als Primärmaterial in diesem wieder eingesetzt werden. Ein System der Rückverfolgbarkeit für Kunststoff-Rezyklate sollte eingeführt werden, um Herkunft, Produktqualität und Verbraucherschutz zu garantieren.
  • Einsatzquoten, die sich auf Rezyklate aus Post-Consumer-Materialien beziehen, müssen geringer ausfallen als von Eunomia vorgeschlagen. Selbst wenn in der Europäischen Union eine tatsächliche Outputmenge von 55 % der auf den Markt gebrachten Kunststoffverpackungen erreicht würde, reichten diese Mengen nicht aus, um die genannten Mindesteinsatzvorgaben von mindestens 25 % für kontaktsensitive bzw. 35 % nicht-kontaktsensitive Verpackungen und Produkte bis 2030 zu erreichen. Die Vorgaben für Rezyklat-Einsatzquoten müssen auf realistischen Prognosen für erreichbare Mengen an Recyclingmaterialen aus dem Post-Consumer-Bereich beruhen. Die Annahme, dass Rezyklate für den Einsatz in kontaktsensitiven Verpackungen bereits in wenigen Jahren im großen Umfang aus chemischem Recycling stammen werden, ist nicht realistisch. Die vorgeschlagenen Rezyklat-Einsatzquoten für nicht kontaktsensitive Verpackungsarten sollten zudem weiter differenziert werden. Die Quotenvorgaben müssen auch deshalb erreicht sein, um einem Ausweichen in schlecht recycelbare Verbunde im Verpackungsbereich entgegenzuwirken.
  • Zur Förderung des Kunststoff-Rezyklateinsatzes eignen sich weitere Bereiche, etwa eine Harmonisierung der Anforderungen der Erweiterten Herstellerverantwortung (EPR) für besseres Design-for-Recycling. Recyclinggerechtes Verpackungsdesign, etwa der Einsatz von Monomaterialien und abwaschbaren Farben, ist eine wichtige Voraussetzung für ein hochwertiges Recycling. Designrichtlinien für Verpackungen sollten daher EU-weit harmonisiert und zu verbindlichen Vorgaben im Rahmen der ökologischen Modulierung der Lizenzentgelte für Verpackungen werden. Die Vorgaben sind regelmäßig zu überprüfen und an die sich fortentwickelnde Recyclinginfrastruktur anzupassen.

Die Stellungnahme steht hier zum Download zur Verfügung.

Aktuelles zu Verpackung und Nachhaltigkeit

Stellungnahmen/Positionspapiere

Anpassungsbedarf bei europäischer Verpackungsrichtlinie

Leitgedanke der Überarbeitung der europäischen Richtlinie über Verpackungen und Verpackungsabfälle PPWD (94/62/EG) ist die Ausrichtung auf das Konzept der Kreislaufwirtschaft. Dies schließt die
dort verankerten „Essential Requirements for Packaging and Packaging Waste“ ein, denen als bindende Vorgaben zur Verpackungsgestaltung eine zentrale Orientierungsfunktion für die gesamte Wertschöpfungskette Verpackung zukommt. Jedoch sind die Eigenschaften und die Beschaffenheit einer Verpackung zugleich stets im Zusammenhang mit dem verpackten Produkt zu sehen: Jedes Produkt braucht weiterhin eine für sein Anforderungsprofil optimale Verpackung. Diesem Gedanken müssen die Kernkriterien für Verpackungen auch zukünftig Rechnung tragen.

Die AGVU empfiehlt folgende Gestaltungen der einzelnen Regelungsbereiche:


1. Verpackungsvermeidung
Die Verpackungsrichtlinie definiert Kriterien zur Verpackungsgestaltung, mit deren Hilfe eine über ein Mindestmaß hinausgehende Verpackungsgestaltung gerechtfertigt werden kann. Am Kriterium der
„Verbraucherakzeptanz“ ist in jedem Fall festzuhalten, denn Verbraucherakzeptanz ist wichtig, um die Kreislaufwirtschaft zu beschleunigen. Produkte im Premiumsegment sollten auch in Zukunft ein wertiges Produkterlebnis durch eine aufwändigere Verpackung gewährleisten dürfen. Ein weiteres Kriterium zur Rechtfertigung einer aufwändigeren Verpackung sollte die „Produktanwendung“ sein. Es
trägt der Tatsache Rechnung, dass bestimmte Produkte nur mittels einer die Verwendung unterstützenden Verpackung benutzt werden können.
Eine zu einseitige Fokussierung auf die Verpackungsreduktion kann Zielkonflikte auslösen: So könnten im Zuge von starren Vermeidungszielen verstärkt Materialien mit geringerer Recyclingfähigkeit eingesetzt und der Einsatz wiederverwendbarer Verpackungen und nachwachsender Rohstoffe gehemmt werden. Abfüller und Verpackungshersteller benötigen daher transparente Regeln zur Priorisierung der verpackungspolitischen Zielsetzungen als Basis ihrer Investitionsentscheidungen. Das Prinzip der Materialneutralität ist dafür eine wichtige Bedingung. Zum Entgegenwirken eines übermäßigen Verpackungseinsatzes stehen im Übrigen bereits heute wirkungsvolle Instrumente zur Verfügung. Dazu zählen strafbesetzte Normen zur Ahndung von sog. „Mogelpackungen“ oder Verbrauchertäuschungen.


2. Wiederverwendbarkeit
Gut konzipierte Wiederverwendungssysteme können zu Ressourcen- und Materialeinsparungen beitragen. Mehrwegverpackungen müssen jedoch recycelbar sein und zudem auch effektiv recycelt werden. Anreize oder Verpflichtungen zur Nutzung von Wiederverwendungssystemen sind nur für jene Fälle sinnvoll, in denen Produktsicherheit und Hygiene nicht beeinträchtigt und gleichzeitig umweltbezogene Vorteile gegenüber anderen Verpackungsformen nachgewiesen werden. Dafür ist eine fundierte wissenschaftliche Bewertung aus einer ganzheitlichen Lebenszyklusperspektive unter Berücksichtigung ökologischer, sozialer und wirtschaftlicher Faktoren notwendig.


3. Recyclingfähigkeit
Definition “Recyclingfähigkeit”
Bei der Erarbeitung einer einheitlichen europäischen Definition zur Recyclingfähigkeit ist auf die derzeit verfügbaren Recyclingtechnologien, inklusive mechanisches, chemisches oder organisches Recycling, abzustellen. Dabei kann auf den deutschen „Mindeststandard zur Bemessung der Recyclingfähigkeit von Verpackungen“ zurückgegriffen werden, der derzeit zu einer verbindlichen und einheitlichen
Bemessungsgrundlage weiterentwickelt wird.


Vorgabe einer Mindestschwelle für das tatsächliche Recycling
Als Kriterium für die Recyclingfähigkeit einer Verpackung wird eine Schwelle für die „Recycling Rate“ erwogen, d.h. ein Mindestmaß, zu dem die einzelnen Verpackungskomponenten EU-weit recycelt werden. Die Feststellung der tatsächlichen Recyclingleistung könnte dazu beitragen, ein genaues Bild des Recyclings in der EU zu ermitteln und einen systematischen Kapazitätsausbau zu ermöglichen. Jedoch ist bereits die Ermittlung der Recyclingergebnisse – differenziert in einzelne Verpackungskomponenten – technisch hochkomplex. Zudem erschwert die heterogene Recyclinginfrastruktur in den EU-Mitgliedstaaten die Vergleichbarkeit. Vor der Einführung eines solchen Kriteriums „Recycling Rate“ muss daher ein realistischer Fahrplan zur Ermittlung belastbarer Daten aus allen Mitgliedsstaaten vorliegen.

Vorgaben für das Design-for-Recycling
Recyclinggerechtes Verpackungsdesign ist eine wichtige Voraussetzung für ein hochwertiges Recycling. Designrichtlinien für Verpackungen sollten daher EU-weit harmonisiert und zu einer verbindlichen Vorgabe im Rahmen der Essential Requirements werden. Sie müssen regelmäßig überprüft und an die sich fortentwickelnde Recyclinginfrastruktur angepasst werden. Verwiesen sei auf das Prozedere zur
Fortentwicklung des deutschen „Mindeststandard für die Bemessung der Recyclingfähigkeit von Verpackungen“, in das die Vertreter der gesamten Wertschöpfungskette Verpackung dauerhaft eingebunden sind.


Zielwerte zur Recyclingfähigkeit
Ehrgeizige Zielangaben zur faktischen Recyclingfähigkeit einer jeden Verpackung können nur durch Materialinnovationen und hohe Investitionen in Recycling-Technologien und -Kapazitäten erreicht
werden. Für diese Investitionen sind verlässliche Rahmenbedingungen und Förderungen notwendig.
Zielkonflikte im Spannungsfeld von Recyclingfähigkeit, Ressourcenverbrauch und Materialreduzierung müssen bedacht und praxisgerecht geregelt werden. So darf das rechnerische Erreichen von hohen Recyclingfähigkeitswerten einer Verpackung nicht durch die übermäßige Volumenerhöhung der recyclingfähigen Bestandteile im Verhältnis zu nicht-recyclingfähigen Bestandteilen erkauft werden.


Mögliche Verbote von Verpackungsmaterialien
Komponenten, die Recyclingprozesse behindern, sollen möglicherweise für unzulässig erklärt werden, erwogen wird die Erarbeitung einer Negativliste für Verpackungsmaterialien. Falls ein solcher Weg beschritten wird, muss das die Listen erstellende technische Gremium fortlaufend neue Entwicklungen verfolgen und diese in den Listen abbilden. Dazu gehörten etwa Fortschritte im Recycling und Innovation bei den Verpackungskomponenten. Vertreter der Wertschöpfungskette Verpackung sind dabei dauerhaft in diese Arbeit einzubinden.


Fee-Modulation
Im Zentrum der Modulierung der Beteiligungsentgelte von EPR-Systemen müssen verbindliche Leitlinien für das Design-for-Recycling bei Verpackungen stehen. Auf dieser Basis kann die Verbesserung der Recyclingfähigkeit und ggf. auch der Rezyklatanteil einer Verpackung über ökonomische Instrumente, d.h. über die Berechnung eines Entgelt-Bonus bzw. Malus, angereizt werden. Dafür notwendig ist ein europaweit einheitlicher, transparenter Rahmen von Berechnungskriterien bzw. vorgegebene Zuschläge, der eine Fee-Modulation auch in Wettbewerbssystemen ermöglicht.


4. Kunststoff-Rezyklat-Einsatz
Definition zu Rezyklaten
Die Definition von Rezyklaten sollte auf Sekundärrohstoffe abstellen, die aus dem Recycling von Abfällen gewonnen werden. Nur Abfälle nach Gebrauch (post-consumer waste) sollten zulässig sein.
Nicht enthalten ist „die Wiederverwendung von Materialien aus Nachbearbeitung, Nachschliff oder Schrott, die im Verlauf eines technischen Verfahrens entstehen und im selben Prozess wiederverwen-
det werden können.“ Die Herkunft des Materials muss dafür nachvollziehbar sein.


Ziele zum Kunststoff-Rezyklateinsatz
Konkrete Vorgaben zu Rezyklatanteilen sind nur im Rahmen einer produktspezifischen Regulierung zielführend. Ansätze für entsprechende Verpflichtungen müssen zuvor in einem Impact Assessment der Verpackungsrichtlinie (PPWD) eingehend analysiert werden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass Rezyklatmärkte für verschiedene Materialien und Produktgruppen kaum miteinander vergleichbar sind und sich die Verfügbarkeit von qualitativ hochwertigen Rezyklaten stark unterscheidet.
Vor Festlegung von Verpflichtungen zum Rezyklateinsatz sollten zunächst marktbasierte Maßnahmen geprüft werden. Hier kommen eine Harmonisierung der Anforderungen der Erweiterten Herstellerver-
antwortung (EPR), steuerliche Anreize oder CO 2-Gutschriften für den Einsatz von Rezyklaten in Betracht. Um Produktqualität und Verbraucherschutz zu garantieren, sollte zudem ein System der Rück-
verfolgbarkeit für Kunststoff-Rezyklate eingeführt werden.
Notwendig ist eine bessere Abstimmung mit den Vorgaben aus der Verordnung zu Kunststoffrecyclingmateralien im Kontakt mit Lebensmitteln. Eine novellierte Fassung soll in Kürze die bisherigen Verordnung Nr. 282/2008 ablösen. Im Entwurf (Stand Dez. 2021) werden Kunststoff-Rezyklate generell als potenziell gesundheitsgefährdende Materialien eingeordnet. Diese Sichtweise hemmt das Ziel von mehr Kreislaufwirtschaft erheblich. Das Beispiel von recyceltem PET (rPET), das aus dem heutigen Getränkepfandsystem entstammt und seit vielen Jahren nachweislich ohne Gesundheitsgefährdung in Getränkeflaschen eingesetzt wird, zeigt, dass ein solche Generalisierung nicht überzeugend ist. Der Ansatz zur Zulassung moderner Recyclingmethoden im Verordnungsentwurf muss insgesamt deutlich pragmatischer gestaltet werden und darauf ausgerichtet sein, deutlich mehr Kunststoff-Rezyklate-Einsatz in Lebensmittelkontaktmaterialien zu ermöglichen. Dafür sind auch Materialquellen wie die Verpackungssammlung in Haushalten zu erschließen.


Kennzeichnung

Die Kennzeichnung von Verpackungen als „recyclingfähig“ oder „wiederverwendbar“ sollte europaweit einheitlich erfolgen. Ein Label zur Recyclingfähigkeit muss sich dabei auf verbindliche Design-for-
Recycling-Leitlinien beziehen, für Verbraucherinnen und Verbraucher nachvollziehbar sein und könnten durch Prozentangaben präzisiert werden.
Auch mit Blick auf Hinweise zum richtigen Getrenntsammeln von Verpackungen in Haushalten ist ebenfalls eine europaweit einheitliche Systematik anzustreben. Binnenmarkthemmnisse durch Alleingänge einzelner Mitgliedsstaaten müssen überwunden werden und Klarheit für Bürgerinnen und Bürger in Europa bei der richtigen Trennung von Abfällen geschaffen werden. Herstellern sollte es möglich sein, mit einer einzigen Verpackung den gesamten europäischen Markt zu bedienen und unverkaufte Bestände zu vermeiden.

Die komplette Stellungnahme steht Ihnen hier zum Download zur Verfügung.

Aktuelles zu Verpackung und Nachhaltigkeit

Stellungnahme

Einsatz von Kunststoff-Rezyklaten bei Lebensmittelverpackungen

Mit dem Verordnungsentwurf zu Kunststoffrecyclingmateralien im Kontakt mit Lebensmitteln (Ablösung der bisherigen Verordnung Nr. 282/2008) ordnet die EU-Kommission dem Rezyklateinsatz eine hohe Bedeutung zu. Die Beschleunigung und die Erweiterung des Rezyklateinsatzes in Verpackungen mit Lebensmittelkontakt ist ein richtiges und dringend notwendiges Unterfangen und leistet einen Beitrag zur Umsetzung des Green Deals.

Die Arbeitsgemeinschaft Verpackung + Umwelt (AGVU), die die Wertschöpfungskette der Verpackung vom Rohstoff und der Verpackungsherstellung, über die Konsumgüter und den Einzelhandel bis hin zum Recycling vertritt, begrüßt die Novelle des europäischen Rechtsrahmens für den Rezyklateinsatz bei Lebensmittelkontakt. Die im Verordnungsentwurf vorgesehenen modularen Grundsätze auf Basis einer einheitlichen Technologie-Risikobewertung werden beschleunigend wirken, da parallele Prüfungen auf verschiedenen Ebenen möglich werden. Gleichzeitig ist jedoch auch auf die Förderung des Rezylateinsatzes im Umfang zu achten und sind Einsatzhemmnisse zu minimieren.

Vor diesem Hintergrund weist die AGVU auf notwendige Klarstellungen und Anpassungen in folgenden Punkten hin:

  • Der Verordnungsentwurf unterscheidet sich erheblich von der abzulösenden Verordnung 282/2008 und wird beachtliche Auswirkungen auf die Verfügbarkeit und den Preis von Kunststoffrezyklaten haben. Der Aufwand von Unternehmen, die Rezyklate herstellen oder solche einsetzen, wird sich deutlich erhöhen. Eine vollständige Folgenabschätzung zum Verordnungsentwurf ist daher geboten. Der bisherige, kurze Stellungnahmezeitraum, zudem über die Weihnachtsfeiertage gelegen, ist den notwendigen Maßstäben von Transparenz und Stakeholder-Dialog in der Gesetzgebung nicht gerecht geworden. 

  • Kunststoff-Rezyklate werden im Verordnungsentwurfs als potenziell gesundheitsgefährdende Materialien eingeordnet. Dies ist insbesondere bei recyceltem PET (rPET), das aus dem heutigen Getränkepfandsystem entstammt und seit vielen Jahren nachweislich ohne Gesundheitsgefährdung in Getränkeflaschen eingesetzt wird, nicht nachvollziehbar. Um die erfolgreiche Praxis bei rPET nicht zu gefährden und Rückschritte im Einsatzfeld Getränkeflaschen zu vermeiden, sollte von einer generellen Einordnung von Rezyklaten als potenziell gesundheitsgefährdend Abstand genommen werden.   

  • Der Verordnungsentwurf muss mit den abfallrechtlichen Vorgaben der EU, insbesondere der Abfallrahmenrichtlinie (2008/98/EG) und der Richtlinie über Verpackungen und Verpackungsabfälle (94/62/EG), konform sein. Die dort verankerten Ziele zur Steigerung des Rezyklateinsatzes sollten im Verordnungsentwurf aufgegriffen und – wo es möglich ist – durch pragmatische Lösungen beim Rezyklateinsatz mit Lebensmittelkontakt unterstützt werden. Die verwendete Terminologie sollte sich zudem an den höherrangigen Abfallregeln orientieren.

  • Die Anforderungen zur Zulassung neuer Recyclingtechnologien müssen eindeutiger und zugleich pragmatischer geregelt werden. So sind etwa die Prüfungsebenen Recyclingtechnologie, Recyclingverfahren und Recyclinganlage deutlicher voneinander abzugrenzen. Es ist klarzustellen, dass nicht jede neue Recyclinganlage einer gesonderten Technologie-Zulassung bedarf, wenn das genutzten Verfahren bereits auf der Prüfungsebene Recyclingverfahren durch die EU-Kommission genehmigt wurde. 

  • Kunststoffrezyklate werden in Lebensmittelverpackungen häufig hinter funktionellen Barrieren eingesetzt, die einen gefährdungsfreien Einsatz gewährleisten. Diese Materialien – ohne direkten Lebensmittelkontakt – müssen von der Pflicht zum Durchlaufen eines eigenen Zulassungsprozesses als novel technology ausgenommen werden. Der Einsatz von Rezyklaten hinter funktionellen Barrieren ist gelebte Praxis und leistet einen Beitrag zur Schließung von Rohstoffkreisläufen bei Kunststoffen. Dieser sollte nicht unnötig eingeschränkt werden.

  • Sammelquellen für Materialien, die als Input für die Herstellung von Kunststoffrezyklaten genutzt werden dürfen, müssen deutlicher abgegrenzt werden. So geht aus den Formulierungen in Art. 6 des Verordnungsentwurfes nicht eindeutig hervor, ob die in Paragraf 1 sowie in Paragraf 2 (b) genannten Kriterien kumulativ erfüllt sein müssen. In jedem Fall ist deutlich klarzustellen, dass Materialien aus der Sammlung bepfandeter Getränkeverpackungen und zukünftig aus der Gelber-Sack / Gelbe-Tonne-Sammlung für die Rezyklatherstellung genutzt werden dürfen.

  • Die Definition von closed loop recycling systems in Annex 1 des Verordnungsentwurfes sollte breiter gefasst werden: Der bisherige Ansatz grenzt „closed loop“ bei Materialien ab, die ausschließlich in der identischen Produktgruppe wiederverwendet werden. Die Herkunft der Materialien und weitere Aspekte sind durch die Recyclingsammelsysteme mittels einer control chain nachzuweisen. Kaum ein in Europa etabliertes Sammelsystem wird den definierten Ansprüchen gerecht werden können. Daraus kann eine Limitierung von Inputmaterial erwachsen, die nicht nur die Lebensmittelverpackungsindustrie vor Probleme stellt, sondern auch einen gut entwickelnden Sekundärrohstoffmarkt schädigt.

  • Wir begrüßen den für EFSA-Gutachten vorgesehenen maximalen Zeitrahmen von 6 Monaten mit möglicher Verlängerung um weitere 6 Monate. Ein ähnlicher Zeitrahmen sollte für das Genehmigungsverfahren für die Recyclingtechnologie (Artikel 15) und Recyclingverfahren (Artikel 19) vorgeschlagen werden.

Aktuelles zu Verpackung und Nachhaltigkeit

Stellungnahme

Ökobilanzanalyse von Optimierungspotentialen bei Getränkeverpackungen

Die Erarbeitung von wissenschaftlichen Grundlagen für eine ökologische Optimierung von Einweg- und Mehrweg-Getränkeverpackungen wird von der AGVU begrüßt. Das Umweltbundesamt kommt mit dem Forschungsvorhaben einem Anstoß des Deutschen Bundestages nach. Gewünscht wurde ein Zugewinn an wissenschaftlichen Daten und Erkenntnissen, wie und unter welchen Bedingungen Einweg- und Mehrwegverpackungen für Getränke nach ökologischen Gesichtspunkten weiter verbessert werden können. Sowohl abfüllende Industrie als auch die Hersteller von Getränkeverpackungen unterstützen neue wissenschaftliche Analysen ausdrücklich. Gleichzeitig ist vor kurzatmigen Regulierungsanpassungen im Bereich Einweg/Mehrweg zu warnen und Verlässlichkeit einzufordern. Um Planungs- und Investitionssicherheit zu gewährleisten, ist eine wissenschaftlich fundierte Analyse- und Prognosebasis notwendig. Das Forschungsprojekt „Ökobilanzielle Analyse von Optimierungspotentialen bei Getränkeverpackungen“ kann eine wichtige Grundlage sein, sofern die Studie – ihrer Bedeutung entsprechend – umfassend und hochkarätig angelegt ist. Vor diesem Hintergrund sieht die AGVU folgende Anpassungsnotwendigkeiten:

  1. Die Mittel für die vorgesehene ökobilanzielle Analyse von Getränkeverpackungssystemen sind nicht ausreichend und müssen aufgestockt werden, um belastbare Daten für die vom Deutschen Bundestag geforderten Vorschläge zur Förderung von Mehrweggetränke-verpackungen zu generieren. Die mit Hinweis auf begrenzte Mittel vorgesehene hohe Datenaggregation ist nicht sachgerecht. Sie beschneidet die Aussagekraft der Untersuchung erheblich und führt zu undifferenzierten Aussagen. Die AGVU spricht sich u.a. gegen eine gemeinsame Betrachtung von Individual- und Poollösungen bei Mehrweggebinden aus.
  2. Das Forschungsvorhaben muss durch ein unabhängiges Institut im Sinne eines Critical Reviews geprüft werden. Dadurch kann die Objektivität der Analysen sichergestellt werden. Die dafür notwendigen Mittel sind bereitzustellen. Der Begleitkreis kann eine unabhängige und ganzheitliche Prüfung nicht gewährleisten; er stellt vielmehr Daten, Anregungen und weitere Informationen zur Studienerstellung bereit.
  3. Anzuregen ist eine deutlich vertieftere Diskussion der Annahmen für die Ökobilanzen im Bereich der Zukunftsszenarien für die Jahre 2030, 2040 und 2050. Vor dem Hintergrund der getroffenen Annahmen zum technischen Fortschritt, zur Verfügbarkeit von klimaneutral hergestellter Energie und von Sekundärrohstoffen muss herausgearbeitet und klargestellt werden, zu welchen umweltpolitischen Zielen optimierte Verpackungssysteme überhaupt beitragen können. Insbesondere die Annahmen des aus der Rescue-Studie übernommen „Green Supreme Szenarios“ ist zu hinterfragen, da hier alle Einsparpotenziale bereits als gegeben bzw. erreicht angenommen werden.
  4. Alle Verbände und Unternehmen, die im Rahmen des Forschungsprojektes angefragt wurden, Daten zur Verfügung stellen, müssen bereit sein, diese Daten wissenschaftlich durch die beauftragten Institute verifizieren zu lassen. Um Vertraulichkeitsansprüche zu wahren, kann auf Datenschutzerklärungen und sog. „Black-Box“-Verfahren zurückgegriffen werden.

Die komplette Stellungnahme können Sie hier downloaden.